. Sich enthalten von Unkeuschheit (kamesumicchacara-veramani).
- „ Die Unkeuschheit meidet er; er vergeht sich nicht gegen Mädchen, die unter der Obhut von Vater, Mutter, Bruder, Schwester oder Verwandten stehen; unter der Obhut der Sippe oder des Gesetzes stehen; vergeht sich nicht an verheirateten Frauen, Gefangenen oder verlobten Mädchen…“
Vom ethischen Standpunkt aus ist das Hauptanliegen dieser Tugendregeln die Ehe vor äußerlichen Störungen zu schützen, um im Verhältnis der Partner Vertrauen und Treue zu fördern. Vom spirituellen Standpunkt aus unterstützt sie die Beschränkung des sexuellen Verlangens und stellt so einen Schritt in Richtung der Entsagung dar, die ihren Höhepunkt in der Einhaltung des Zölibats (brahmacariya) findet, dem Mönche und Nonnen verpflichtet sind. Für Laien heißt das Prinzip, keine sexuellen Beziehung mit einem unerlaubten Partner aufzunehmen. Die primäre Verletzung besteht im Eingehen einer unerlaubten sexuellen Beziehung, aber auch andere sexuelle Verstrickungen können den Umständen entsprechend Übertretung sein. Die wichtigste Frage ist hier: Was ist ein unerlaubter Partner? Die Lehre des Buddha definiert den Begriff vom Standpunkt des Mannes aus, aber in späteren Abhandlungen wird dieser auf beide Geschlechter ausgedehnt.
Für einen Mann sind drei Arten von Frauen „unerlaubte Partner“:
- 1. Eine verheiratete Frau. Das schließt auch Frauen ein, die nicht im gesetzlichen Sinn verheiratet sind, sondern in fester Beziehung mit einem anderen Mann leben oder in anderer Weise fest gebunden sind. All` diese Frauen sind unerlaubte Partner für alle Männer, außer ihrem eigenen. Das trifft auch auf Frauen zu, die mit einem Mann verlobt sind. Eine Witwe oder eine geschiedene Frau fallen, so keine anderen Hindernisse bestehen, nicht unter diesen Gesichtspunkt.
-*2. Eine unmündige Frau. Das ist ein Mädchen oder eine Frau, die noch unter dem Schutz von Vater, Mutter, Verwandten oder anderen autorisierten Personen lebt. Diese Bestimmung macht das Davonlaufen oder das heimliche Heiraten gegen den Willen des Vormundes zum Verstoß.
-*3. Frauen, die durch allgemeine (Moralische und Sittliche) Konventionen tabu sind. Dies bezieht sich auf nahe Verwandte im Sinne geltender sozialer Traditionen, Nonnen oder andere Frauen unter dem Gelübde der Ehelosigkeit, sowie Frauen die durch die geltenden Landesgesetze als Partnerin verboten sind.
Vom Standpunkt der Frau aus sind zwei Arten Männer unerlaubte Partner:
-*1. Für eine verheiratete Frau sind alle Männer außer ihrem eigenen tabu. So verletzt eine Frau das Prinzip, wenn sie das Treuegelübde ihrem Ehemann gegenüber bricht. Witwen oder geschiedenen Frauen dagegen steht es frei, wieder eine Beziehung einzugehen.
-*2. Für jede Frau ist ein Partner tabu, der unter dem Gelübde der Ehelosigkeit lebt und auch Partner, die durch soziale Traditionen verboten sind, so etwa enge Verwandte.
Daneben stellt jeder erzwungene oder gewalttätige sexueller Verkehr eine Verletzung dar. In so einem Fall jedoch liegt die Schuld allein beim Verletzenden, nicht bei der – oder demjenigen, die zum Einlenken gezwungen wurde. Für Laien ist der positive Gegenpart die eheliche Treue. Eheleute sollten einander treu und ergeben sein, ihre Beziehung schätzen und einen Bruch nicht dadurch riskieren, dass sie anderweitig nach Partnern suchen. Die Regel begrenzt sexuelle Beziehungen jedoch nicht auf die vor dem Gesetz geschlossene Ehe. Sie ist flexibel genug, Beziehungen gemäß den jeweils geltenden gesellschaftlichen Normen zu gestatten. Ihr eigentliches Anliegen ist es, wie schon gesagt, sexuelle Beziehungen zu verhindern, die den Menschen Schmerzen zufügen. Wenn zwei Erwachsene, ungebundene Menschen, aus freiem Willen eine sexuelle Beziehung eingehen, so berührt dies solange niemanden dabei, wenn keinem absichtlich weh getan wird, nicht die Übungen auf dem Heilweg.
Ordinierte Mönche und Nonnen und auch Menschen die sich den 8, 10 oder 227 Regeln unterzogen haben, sind dem Zölibat verpflichtet. Sie müssen sich nicht nur des sexuellen Fehlverhaltens, sondern jeglicher sexueller Betätigung enthalten, zumindest während der Zeit ihrer Gelübde. In seiner höchsten Form verlangt das heilige Leben nach vollständiger Reinheit im Denken, Reden und Handeln und dafür ist es notwendig, die Flut des sexuellen Verlangens einzudämmen.