Start Neugkeiten Kung-Fu und Meditieren bei den Shaolin in Wilmersdorf

Kung-Fu und Meditieren bei den Shaolin in Wilmersdorf

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Der Shaolin-Tempel befindet sich in einem achtgeschossigen Mietshaus.
Der Shaolin-Tempel befindet sich in einem achtgeschossigen Mietshaus.

Berlin – Wozu eigentlich Anreisestress, Visaanträge und Jetlag, wenn man in Berlin genauso gut um die Welt reisen kann? In unserer Sommerserie für alle Daheimgebliebenen begeben wir uns auf eine Entdeckungstour durch die Stadt. Diesmal gehts zum Meditieren in einen Shaolin-Tempel.

Der Kudamm ist nur zehn Gehminuten entfernt. Doch dort, wo die Bundesallee beginnt, ist kaum noch jemand zu Fuß unterwegs. Es gibt keine Geschäfte mehr und keine Lokale. Nur Büros und Wohnungen, unablässig vorbeirauschenden Verkehr und die U-Bahn-Station Spichernstraße. Ausgerechnet an diesem ganz und gar nicht spirituellen Ort befindet sich der einzige Shaolin-Tempel in Deutschland. Dort wird auch Kampfkunst als Teil der buddhistischen Kultur praktiziert.

Mit einer Tempelanlage hat der Ort wenig gemein. Gleich neben dem Bundesverwaltungsamt des Innenministeriums steht das weiß-gräuliche, achtgeschossige 70er-Jahre-Mietshaus. Zumindest die beiden unteren Etagen sind in freundlichem Gelb verputzt. Mit gelben Buchstaben sind die Worte Kung Fu, San Da, Qi Gong, Tai Chi oder auch Meditation auf die Scheiben geklebt, hinter denen rote Stofflampions zu sehen sind. „Shaolin Tempel Deutschland“ steht über dem Eingang.

Hinter dem Tresen im Eingangsbereich an der Bundesallee 215 begrüßt René Saupe die Besucher. Er ist ein freundlicher, junger Berliner mit igelkurzem Haarschnitt. Drei Tage in der Woche arbeitet er hier, kümmert sich um Mitglieder, die an Kampfkunst-Kursen teilnehmen wollen. Vor allem aber trainiert er. Saupe trägt eine graue Wickeljacke und eine Hose, die oben weit ist und an den Waden eng. Schon vor einigen Jahren ist er zum Buddhismus übergetreten. Er möchte Shaolin-Mönch werden.

Schüler aus aller Welt

Der große, offene Raum ist sparsam eingerichtet, es gibt einige Bücherregale, sechs Tische mit Stühlen, ein Aquarium, an dem auf einem Schild darum gebeten wird, nicht an die Scheiben zu klopfen.

In seinem kleinen, engen Büro gleich hinter dem Eingang bittet Abt Shi Yong Chuan die Besucherin, auf einem der weißen Plastikgartenstühle Platz zu nehmen. Er ist ein durchtrainierter, fast hagerer Mann im Alter von 45 Jahren, ebenfalls in Wickeljacke und weiter Hose gekleidet, die Haare millimeterkurz. „Bei uns kann jeder vorbeikommen, egal, ob er dem Christentum angehört, dem Islam oder dem Buddhismus“, sagt er.

Abt Shi Yong Chuan ist dem Mönchsorden in seiner Heimat Henan im Alter von 17 Jahren beigetreten. Vor über zwölf Jahren kam er nach Berlin, mit dem Auftrag, den neuen Tempel in Deutschland zu leiten. „Berlin ist inzwischen meine zweite Heimat geworden“, sagt er.

Mehr als 1000 Kinder, Jugendliche und Erwachsene seien bereits Mitglied und besuchten die Kurse. Dafür ist ein Beitrag von mindestens 30 Euro im Monat zu entrichten. Seine Schüler kämen aus aller Welt, „aber die meisten sind Berliner“, sagt Abt Shi Yong Chuan.


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