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Buddha als Wegbegleiter

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Wer das spirituelle Japan erleben möchte, geht auf Wallfahrt. Die schönste Pilgerroute zieht sich 1200 Kilometer um die Insel Shikoku und führt zu den 88 Tempeln des Kobo Daishi.

Die 88 Tempel unterscheiden sich voneinander, aber in allen herrscht eine friedvolle Ruhe. / © Foto: Krüger
Die 88 Tempel unterscheiden sich voneinander, aber in allen herrscht eine friedvolle Ruhe. / © Foto: Krüger

Der Zug der Wolken, dunkle Wälder, erster Silberglanz auf dem glatten Blattwerk der Ginkobäume. Götter und Geister, die ungesehen bleiben, gleiten wie Samt über die Holzbohlen des Senyuji-Tempels. Dunkler, vibrierender Sprechgesang der Mönche während der Morgenandacht. Der Wind weht. Uralte Zypressen schütteln sich zärtlich bei jeder Böe. Weiße Wunschzettel, an einem Holzgerüst befestigt, versuchen sich zu lösen und in den Himmel zu fliegen. Blumen und Gräser wachsen über Gräber. Seite an Seite liegen tote Priester und tote Wallfahrer wie in einem für immer geschlossenen Buch. Wer hätte geglaubt, dass es noch solche Plätze gibt im lauten, modernen, hektischen Japan?

Der Senyuji-Tempel versteckt sich auf einem Höhenzug im Westen der Insel Shikoku. Es ist der 58. Tempel der großen Wallfahrt. Um ihn zu erreichen, sind wir lange unterwegs gewesen. Shikoku ist die kleinste der vier japanischen Hauptinseln, 250 Kilometer lang, zwischen 50 und 150 Kilometer breit, über vier Millionen Einwohner. Viel Fischerei, Land- und Forstwirtschaft, wenig Industrie.

Berühmt ist das Eiland wegen der Pilgertour zu den 88 Tempeln des Mönches Kobo Daishi. Es ist nicht die wichtigste Wallfahrt Japans, aber wohl die schönste. Ein Rundkurs im Uhrzeigersinn, 1200 Kilometer durch Dörfer und Städte, über Höhen und Berge, entlang der wilden Pazifikküste.

Weiße Baumwollroben

Vor Wochen haben der japanische Begleiter und ich nahe der Provinzmetropole Tokushima unsere Wallfahrt angefangen. Traditionell beginnt sie mit dem Einkleiden im Tempel Nr. 1. Zur Ausstattung gehören weiße Baumwollrobe, Bambushut, Wanderstab, Umhängetasche, Stempelbuch, Sutren-Sammlung, Rosenkranz, seidenes Halsband. Und die sogenannten osame-fuda. Dabei handelt es sich um Papierstreifen, die mit einem Bild Kobo Daishis und dem Spruch „Ehre der Pilgerschaft zu den 88 heiligen Orten“ bedruckt sind. Auf die Rückseite schreibt der Gläubige seinen Namen und die Wünsche, die er mit der Wallfahrt verbindet. An jedem der besuchten Tempel wird einer dieser Zettel geopfert. Nach dem Einkauf all dieser Utensilien ist man um umgerechnet 300 Euro ärmer, dafür aber „o hero-san“, ein Ehrenwerter Herr Pilger.


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