Start Belehrungen Artikel und Konferenzen Auszug aus einem Kusen, das während des ersten Sesshin Sans Demeure in...

Auszug aus einem Kusen, das während des ersten Sesshin Sans Demeure in Neu Schönau, Deutschland gegeben wurde, Februar 2001.

73
0

Den Ziegel polieren, um einen Spiegel daraus zu machen

Und ungerührt wie ein Berg sitzen.

Das wahre Wesen des Buddhismus aus dem Westen

Ist wie der Granatapfel bevor er sich öffnet, wie der Vulkan vor dem Ausbruch.



Eihei Dogen, Eiheikoroku (Gedicht Nr. 6)


In der ersten Zeile bezieht Dogen sich auf ein Mondo zwischen Baso und seinem Meister Nangaku.


03-4.jpg


Eines Tages praktizierte Baso Zazen, irgendwo vor dem Dojo. Nangaku ging vorbei, sah ihn und fragte: „Hey, du übst immer noch Zazen?! Sag mir, hast du ein Ziel, wenn du Zazen übst? Hat deine Praxis ein Ziel?“

Zu dieser Zeit gab es noch keinen Ausdruck wie mushotoku, der bedeutet „kein Objekt“ oder „ohne Ziel“. Baso sagte, „Ja, Buddha zu werden.“

Nangaku sagte nichts, aber er sah einen Ziegel in der Nähe seiner Füße liegen. Er nahm ihn und begann ihn an einem großen, glatten Stein zu reiben. Er polierte den Ziegel.

Meister, was tut ihr?“ fragte Baso.

„Ich mache einen Spiegel.“

Nun übte Baso kein Zazen mehr. Er starrte seinen Meister an und sagte:
„Wie könnt ihr aus einem Ziegel einen Spiegel machen, nur durch Polieren?“

„Und du?“ antwortete Nangaku, „Wie kannst du Buddha werden, nur durch Zazen-Üben?“


pcgendro1980-2.jpgDu kannst verstehen, warum dieses Mondo so berühmt geworden ist. Es berührt direkt und vollständig das Thema vom Praktizieren mit einem Ziel – für etwas – oder Praktizieren für Nichts.


Im Soto Zen praktizieren wir nicht um Satori zu erreichen, oder Buddha zu werden, oder um rein zu werden, oder auch nur um Fortschritte zu machen. Tatsächlich ist einer von Dogens Basisgrundsätzen, das Zazen selbst Satori ist. Es gibt keinen Grund danach zu suchen. Satori bedeutet vollständig frei zu werden; und vollständig frei zu werden bedeutet nicht etwas zu bekommen, sondern etwas zu verlieren: deine Hindernisse zu überwinden, deine Vorurteile zu verlieren, deine Ideen, deine persönlichen Gedanken. Dogen, Nyojo, Sawaki, Deshimaru – sie alle sagen das Selbe: mushotoku, kein Objekt, ist das Wesentliche.


„Wie kannst du Buddha werden durch das Übern von Zazen?“


Die Geschichte von Baso und Nangaku wurde auch von Meister Dogen im Fukanzazengi erzählt. Gleich zu Anfang des Textes redet er von dem Fehler, durch Polieren aus einem Ziegel einen Spiegel machen zu wollen, davon, überhaupt etwas werden zu wollen, oder auch nur besser werden zu wollen. Fehler. Du bist schon besser. Du bist jenseits von besser. Tief unten bist du nicht berechnend. Tief unten, bist du nicht begierig. Tief unten, wirst du nicht von Konkurrenz angespornt. Im Grunde strebst du nicht danach, erfolgreich zu sein. Warum? Weil du im Grunde schon Buddha bist. Auch wenn du diesen Buddha nicht besitzt. Also: kein Wettbewerb. Das ist Zen Lehre.


Die zweite Zeile dieses Gedichtes –


Und ungerührt wie ein Berg sitzen



– bedeutet eins mit dem Kosmos zu werden. Das ist Zazen, wie es von den Buddhas und Patriarchen überliefert wurde.


Der Berg hat kein Ziel und er strebt nicht danach, Satori zu erlangen; er versucht nicht Buddha zu werden, wie Baso es tat. Der Berg hat keine Pläne. Der Berg hat keine persönlichen Gedanken. Das bedeutet der kosmischen Ordnung folgen: ohne Ziel sitzen, wie der Berg Sumeru, das ist der Berg in der Mitte des Universums. Manchmal wird er „silberner Berg“ genannt, manchmal „kristallener Berg“: gefroren, kalt wie ein Diamant. Das sind Bilder der buddhistischen Mythologie, aber es sind auch Metaphern für die Praxis.


Also bitte, bleib sitzen, ungerührt wie Bodhidharma am Berg Shoshitsu. Ungerührt wie ein Berg, aber nicht schwer wie ein Berg. Sei leicht, wie eine Schwalbe, bereit los zu fliegen. Wie ein Löwe, der in die Berge geht. Natürlich. Wie heimgehen, angstlos.


„In die Berge gehen“ bedeutet eins zu werden mit den Bergen. Keine Trennung. Wenn der Meister zu dir sagt: „Geh in die Berge“, solltest du verstehen, was er meint. Er meint: „Lerne und verwandle deinen Geist.“ Ein Berg zu werden ist i shin den shin.


Hier ist, was Sensei sagte, als er dieses Bild des Berges kommentierte: „Wenn du Zazen nicht für dein Ego benutzt, dann erscheint Berg-Denken: die Haltung und nichts sonst.“




www.zenroad.org




Vorheriger ArtikelKleine religiöse Weltreise durch Berlin
Nächster ArtikelAusstellung der „Baumarktkunst“ im Seniorenheim Sankt Pantaleon