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Vom Glück und von lebendiger Kunst

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Volle Konzentration: Renchin Dorjee bei der Arbeit Foto: Anita Fertl
Volle Konzentration: Renchin Dorjee bei der Arbeit Foto: Anita Fertl

MUSEEN IN DER REGION: Renchin Dorjee, einem Künstler aus Bhutan, auf die Finger geschaut im Naturmuseum Freiburg.

Renchin Dorjee sitzt mit Kopfhörern im Ohr und Pinsel in der Hand im Schneidersitz vor einer Baumwollleinwand. Konzentriert arbeitet er, führt den Pinsel an den Mund, befeuchtet ihn, nimmt vom Farbklecks auf dem Handrücken Farbe auf, ehe er ihn an die Leinwand führt, immer wieder. Er malt gerade ein Thangka, wie sich die traditionelle buddhistische Kunstform der Rollbilder nennt.

Um die geht es bei der heutigen Favoritenführung und deshalb wurde Dorjee als Thangka-Künstler ins Naturmuseum eingeladen. So haben wir die Möglichkeit, Thangka-Malerei von gestern und heute unter die Lupe zu nehmen.

Die Favoritenführung ist eine der Aktivitäten des Freundeskreises Ethnologische Sammlung Freiburg. Sie soll dazu beitragen, dass die Objekte der Ethnologischen Sammlung, die seit 2008 kein eigenes Haus mehr haben, nicht in Vergessenheit geraten. „Diese Schätze, die wir haben, sind nicht stumm, sie sprechen zu uns in Ausstellungen“, sagt Verena Waldschmidt, Mitglied des Freundeskreises und heute unsere Führerin. Sie will uns ihr persönliches Lieblingsstück aus der aktuellen Ausstellung „Von Schmetterlingen und Donnerdrachen“ zeigen.

Natur und Kultur in Bhutan ist deren Thema, die ein Land vorstellt, in dem sich eine eigene Staatskommission um das Bruttonationalglück seiner Bewohner kümmert. Im kleinen Königreich im Himalaja gibt es das Glück nicht per se, denn statistisch gesehen gilt Bhutan als eines der ärmsten Länder der Welt. Doch immerhin soll in Bhutan das Glück und nicht das Wirtschaftswachstum im Vordergrund, Umwelt- und Naturschutz über wirtschaftlichen Interessen stehen. Wohlergehen für alle soll gewährleistet, die kulturelle Identität bewahrt werden.

Auch die Ausstellungsstücke stehen eng mit dem in Bhutan sowie im gesamten Himalajagebiet verbreiteten Vajrayana-Buddhismus in Verbindung. Gezeigt werden Objekte aus dem Naturkundemuseum in Karlsruhe, ergänzt mit Stücken aus der eigenen Sammlung – so auch dem Thangka.

Die mehr als tausend Jahre alte Kunstform der Thangkas soll die geistigen Inhalte an die Bevölkerung weitergeben: Als ein Stück Bildung, einfach zu transportieren und aufzurollen, dienen sie als Hilfsmittel zu meditativen Übungen. Es gibt Bilder mit lehrenden Sujets, die das Lebensrad oder das Leben des Buddha zeigen sowie Medizin-Thangkas, andere erinnern an religiöse Personen, bilden Schutzgottheiten oder Mandalas ab.

Der Favorit, den sich Waldschmidt ausgesucht hat, ist ein Thangka aus Nepal um 1900, gemalt auf Seide. Unter dem historischen Buddha, im Mittelpunkt des Thangkas, ist der große Lehrmeister Tsonkhapas im Erleuchtungszustand abgebildet, unten im Bild sind drei Mönche zu sehen. Waldschmidt erläutert Aufbau, Material, Machart, Bedeutung und Verwendung des kunstvollen und detailreichen alten Bildes und zieht auch immer wieder Parallelen zu den europäischen Werken des Mittelalters.

Anschließend können wir Renchin Dorjee auf die Finger schauen, während er an einem neuen Thangka malt. „Ich hatte insgesamt zwölf Lehrer“, erzählt er auf Englisch. Das Thangka, an dem er arbeitet, ist exakt und fein gemalt. Dorjee pinselt an einer Wolke, verleiht ihr durch unterschiedliche Farbtöne Tiefenwirkung. Nur in der Ausschmückung der Landschaft hat er als Künstler gewisse Freiheiten. Die Hauptfiguren müssen nach genauen Maßen und Proportionen angefertigt werden, die strengen Regeln unterliegen. „Du musst es genau so machen, wie die Lehrer es gelehrt haben“, sagt Dorjee. Die Thangka-Farben stammen aus mineralischen und pflanzlichen Stoffen, die zerrieben werden. Dorjee zeigt uns eine rötliche Farbe, die aus einem Stein gewonnen wird. Er hat sie in einem tibetischen Medizin-Shop gekauft: „Etwa 300 Euro kostet das Kilo.“

Bis zu neun Monaten braucht er für die größten seiner Werke. Am schwierigsten seien die Umrisslinien, beispielsweise von Blättern, schmal, dicker, schmal: „Aber jedes Jahr wird es einfacher.“ Als Achtjähriger wurde Dorjee von seiner Familie in ein Kloster in der osttibetischen Region Kham geschickt. „Aber ich wollte kein Mönch werden, deshalb lernte ich das Malen“, erzählt er. „Ich bin glücklich, es macht mir Freude. Man weiß nie, wann man fertig ist.“

Naturmuseum, Ausstellung „Von Schmetterlingen und Donnerdrachen. Natur und Kultur in Bhutan“, weiterer Termin: Führung am Do, 6. Februar, 12.30 Uhr zum regulären Eintrittspreis von 3 Euro, ermäßigt 2 Euro.

Weitere Informationen im Internet unter www.freiburg.de


– Quelle : www.badische-zeitung.den




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