Start Für Buddhisten Bouddhisme Die missverstandene Trend-Religion: Was Sie über den Buddhismus wissen müssen

Die missverstandene Trend-Religion: Was Sie über den Buddhismus wissen müssen

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colourbox Der Buddhismus erfreut sich im Westen großer Beliebtheit. Doch was wissen die meisten über die aus dem fernen Osten stammende Religion überhaupt?
colourbox Der Buddhismus erfreut sich im Westen großer Beliebtheit. Doch was wissen die meisten über die aus dem fernen Osten stammende Religion überhaupt?

Ob Buddha-Statuen, Meditationskurse oder Dalai-Lama-Hype: Die Begeisterung für den Buddhismus ist in Deutschland ungebrochen. Doch häufig hatten und haben die Vorstellungen von ihm wenig mit der Realität zu tun.

Der Buddhismus liegt im Trend: Meditierende Buddhas sind in Deutschlands Vorgärten wahrscheinlich häufiger anzutreffen als Gartenzwerge. Duftwolken von Räucherstäbchen durchwehen so manches mit Mandala-Motiven und Klangschalen geschmückte Wohnzimmer zwischen Alpen und Nordsee. Und der Dalai Lama gilt sowohl im katholischen Süden als auch im protestantischen Norden des Landes als beliebtester religiöse Führer der Welt.

Die Frage ist, ob der Buddhismus in naher Zukunft die – zumindest in Teilen immer noch christlich geprägte – Bundesrepublik erobern wird oder ob es sich um ein Lifestyle-Phänomen handelt, das irgendwann der nächsten Mode weicht. Die Zahl „echter“ Buddhisten hierzulande ist jedenfalls noch relativ überschaubar. Derzeit liegt sie bei schätzungsweise 250 000, sagt die Deutsche Buddhistische Union. 130 000 davon sind zum Buddhismus konvertierte Deutsche, 120 000 sind Asiaten – vor allem Vietnamesen und Thailänder.

Positives Image im modernen Westen

Immerhin ist die Zahl derer, die Zuflucht zu Buddha, Dharma – der Lehre – und Sangha – der Gemeinschaft der Praktizierenden – nehmen und damit als Buddhisten gelten, seit Jahrzehnten gewachsen. Beigetragen hat dazu auch, dass das Image der einst im alten Indien entstandenen Religion im modernen Westen äußerst positiv ist. Sie gilt als friedlich und tolerant, unhierarchisch und undogmatisch – ganz anders als etwa die christlichen Kirchen oder gar der oft zum Schreckgespenst verzerrte Islam.

Die Frage ist, ob dieses Bild aber tatsächlich der Wirklichkeit entspricht. Zum Beispiel, dass Buddhisten generell keiner Fliege etwas zuleide tun. „Der Buddhismus ist nicht prinzipiell pazifistisch, der Dalai Lama etwa sieht Gewaltanwendung aus Mitleid durchaus als legitim an“, sagt Michael Zimmermann, Leiter des Numata Zentrum für Buddhismuskunde der Universität Hamburg. Und der Indologe Jens-Uwe Hartmann von der Universität München ergänzt: „Meist ist das Bild vom friedfertigen Buddhismus ein unausgesprochener Gegenentwurf zum Islam. Die aktuellen Ereignisse in Myanmar und Sri Lanka zeigen jedoch, dass Buddhisten genauso wie Angehörige anderer Religionen Gewalt anwenden können.“

Mit dem Zug nach Tibet

Wie es aussieht, könnte der Buddhismus tatsächlich den Westen erobern. Eine Religion, deren Ursprünge rund zweieinhalbtausend Jahre zurückliegen und die damit deutlich älter ist als das Christentum oder der Islam. Sein Begründer – der historische Buddha – fasziniert noch heute. Doch in Wirklichkeit wissen wir über ihn viel weniger, als zahlreiche Bücher oder Filme, die von seinem Leben erzählen, glauben machen.

Berichtet wird, dass im Norden Indiens einst ein Königssohn namens Siddhartha Gautama Frau, Kind und Elternhaus verließ, um sich und andere vom Leid der Welt zu befreien. Nach langem Bemühen sei es ihm gelungen, Hass, Begierde und Unwissenheit zu überwinden. Unter dem Bodhi-Baum meditierend sei er zum „Buddha“ – dem „Erwachten“ – geworden. Fortan habe er gelehrt, wie es auch anderen gelingen könne, dieses Ziel zu erreichen – und so eine Weltreligion begründet.

Erste Quellen 100 Jahre nach Buddhas Tod

Historisch gesichert ist diese Überlieferung aber keineswegs. Im Gegenteil – Wissenschaftler gehen davon aus, dass es sich vor allem um eine Ansammlung von Legenden handelt. „Buddhas Lebensgeschichte erinnert beispielsweise sehr stark an diejenige Mahaviras, eines anderen spirituellen Meisters dieser Zeit“, erläutert Michael Zimmermann, Leiter des Numata Zentrum für Buddhismuskunde der Universität Hamburg. Vermutlich habe man sich das Leben eines religiösen Lehrers und Religionsstifters im alten Indien einfach auf diese Art und Weise vorgestellt.

Trotzdem: An der Existenz des Religionsstifters zweifelt kaum ein Wissenschaftler. Allerdings ist nicht einmal klar, wann genau Siddhartha Gautama gelebt hat. Die Datierungen reichen vom 6. bis ins 4. Jahrhundert vor Christus. „Alle historischen Quellen stammen aus späterer Zeit“, betont der Indologe Jens-Uwe Hartmann von der Universität München. „Frühestens 100 Jahre nach Buddhas Tod belegen Inschriften, dass er überhaupt existiert hat.“ Und die Texte des so genannten Pali-Kanons, die seine Lehrreden enthalten, seien erst im ersten Jahrhundert vor Christus niedergeschrieben worden.

Innerhalb des Buddhismus gibt es große Unterschiede

Doch während fast alle Buddhisten den Pali-Kanon als verbindlich ansehen, scheiden sich an anderen Punkten die Geister. „Innerhalb des Buddhismus gibt es ganz erhebliche Unterschiede“, erläutert Hartmann. „Er ist – ähnlich wie das Christentum – alles andere als ein monolithischer Block.“ Manche seiner Anhänger würden anderen Glaubensgenossen sogar absprechen, überhaupt Buddhisten zu sein.


– Quelle : www.focus.de




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