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Tee ist der Aristokrat unter den Getränken

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Tee stellt eines der ältesten Kulturgetränke der Menschheit dar. Anfangs als Medizin verabreicht und in Europa allenfalls für die Wohlhabenden erschwinglich, avancierte er seit dem 18. Jahrhundert zu einem Alltagsgetränk. Eine kleine, heitere Kulturgeschichte des Tees, den bis heute keiner mal schnell hinunter kippt.

Auch das ist eine Form von Tee, eine bei Jugendlichen beliebte Mischung aus Grünem Tee und Mate

Zu einigen literarischen Figuren gehört das Teetrinken wie der geschüttelte Martini zu James Bond oder das Marmeladenbrot zu Paddington Bär, und immer erfüllt es dieselbe narrative Funktion: Tee kennzeichnet die fiktive Gestalt am anderen Ende des geschwungenen Porzellanhenkels als kultivierten Kenner und Genießer des Einfachen.

Agatha Christies Miss Marple löste beim Tee ihre kniffligsten Fälle. J. M. Barries Wendy bewies ihre Sittsamkeit, als sie darauf bestand, erst einmal in Ruhe ihre Tasse zu leeren, bevor sie sich von Peter Pan zu Abenteuern entführen ließ.

Tee verleiht ersonnenen Charakteren einen unaufdringlichen, matten Glanz, Grazie und Geist, etwa bei Oscar Wilde und Theodor Fontane, oder eine zupackende Diesseitigkeit, die umso deutlicher ausfällt, je kräftiger der Schuss Rum ist, den ihnen der Autor in den Grog kippt.

Johann Peter Eckermann, selbst Poet und Vertrauter Goethes, berichtet aber auch von zwanglosen Treffen beim Dichterfürsten zu Tee und zu Konzerten.

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Der faulige Geschmack des Tees

Dabei war Tee zunächst alles andere als ein Genussgetränk. Vielmehr sollten die aromareichen Blätter ursprünglich den Geschmack von fauligem oder salzigem Wasser überdecken.

Auf Reisen nutzen Weltumfahrer den Tee, etwa der Forscher Pehr Kalm, als er zwischen 1748 und 1751 nach Amerika segelte: Tee tröstete ihn, der den Wein bevorzugte, ein wenig über den Mangel an anderen Genussmitteln hinweg – und ließ ihn beinahe von den Insekten im Kochwasser absehen.

Über Pflanze und Herkunft, Ernte, Zubereitungsarten und die Funktion des Tees als Sozialgetränk gibt die kenntnisreiche Kulturgeschichte Martin Kriegers Auskunft. Er schreibt über Tee-Monopolisten wie die East India Company, und über politische Verwicklungen rund um das schnell zu billig gewordene Produkt, die in der „Boston Tea Party“ im Jahre 1773 gipfelten.

Die heilende Wirkung

Einzelne Bergstämme in Indien, China, Thailand und Birma stießen zunächst eher zufällig auf die belebende, konzentrationsfördernde und sogar heilende Wirkung der Blätter des Tees, und das Alte China auf die Möglichkeit seiner kommerziellen Vermarktung.

Die ersten Sträucher wurden im tibetischen Hochland nahe der Provinz Yuennan und in der Grenzregion zwischen Tibet, Myanmar und Indien vermutet. Die Blätter wurden gekaut oder als Salat bereitet (in Birma), später mit Gerste, Salz und ranziger Yakbutter vermengt und mit Stutenmilch zu einem breiartigen Getränk aufgegossen (in Tibet).

Aus dem chinesischen Dialektwort „Te“, gebräuchlich in der Region Xiamen, entwickelten sich so der deutsche „Tee“, der französische „thé“ und der englische „tea“. Der russische „Tschai“ oder arabische „Schay“ leiten sich von einem Schriftzeichen des Mandarin ab.

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Die Orientmode in Europa

Im 17. Jahrhundert begann mit der Orient-Mode an europäischen Fürstenhöfen sein Siegeszug rund um die Welt. Nach Ende des Dreißigjährigen Krieges lässt sich von Europa sogar eine Art „Genusskartografie“ erstellen: So bevorzugten Engländer und Franzosen den grünen Tee, Deutschland, Schweden, Dänemark und die Niederlande dagegen den schwarzen.

Ähnlich wie Seide, Porzellan, Lackarbeiten, Borax, Ginseng, Alaun und seltene Pelz- und Obstsorten wurde er zum begehrten Gut, das zunächst gegen die Einfuhr von Silber, später gegen Opium ausgefahren wurde (seit 1758 beanspruchte die East India Company das Monopol des Opiumhandels mit China).

Im 18. Jahrhundert wurde Tee zum Bestandteil der europäischen Alltagskultur, und während Großbritannien 1776 noch 60 Tonnen Opium aus Indien nach China ausführte, waren es um 1790 bereits 300 Tonnen. „Ob ich morgen noch leben werde, weiß ich freilich nicht“, schrieb Gotthold Ephraim Lessing, „doch dass ich, wenn ich noch lebe, morgen Tee trinken werde – das weiß ich gewiss“.

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Der Tee und sein Tässchen

Europäische Henkelmacher ergänzten das chinesischen Porzellan um einen Griff, sodass sich zarte westliche Finger nicht mehr an den heißen Schalen verbrennen mussten. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wuchs der Konsum des Tees stark an, bis Tee und Kaffee um 1800 „einen Bestandteil der Alltagskost der unteren gesellschaftlichen Schichten darstellten“, so Krieger.

Erst Anfang des 19. Jahrhunderts betrieben niederländische Grundbesitzer in den indischen Kolonien Teeanbau. In China gingen derweil die Behörden streng gegen den Opiumkonsum der Bevölkerung vor, beschlagnahmten und verbrannten die Rauschmittel und trösteten sich mit dem bittersüßen Geschenk, das sie den „Barbaren aus dem Westen“ mit ihrem eigenen Exportschlager beschert hatten:

„Nach einer sorgfältigen Untersuchung kamen wir zu dem Ergebnis, dass Tee und Rhabarber für die Ausländer geradezu Lebensnotwendigkeiten darstellen“, schrieb 1840 der Beamte Lin Tse Hsu. „Wenn der Handel aussetzt, würde das zu deren sicherem Tod führen.“ So weit sollte es nicht kommen. Als der „Kaffee-Frost“ ab 1870 in Ceylon wütete, breitete sich der Teeanbau auch hier aus, später in Afrika, Vietnam, Malaysia, auf dem Kaukasus, am kaspischen Meer und in Amerika.

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Genussmenschen und ihr Gesöff

Bald wurde mit dem Teetrinker wieder ein Genussmensch assoziiert, jedoch kein Hedonist, kein ungezügelter Epikureer. „Sie saßen und tranken am Teetisch/ und sprachen von Liebe viel./ Die Herren, die waren ästhetisch/ die Damen von zartem Gefühl“, dichtete Heinrich Heine im frühen 19.?Jahrhundert versonnen aus dem Fenster der Stehelyschen Konditorei hinaus auf den Gendarmenmarkt.

In einem der ersten Bücher über Tee, dem „Book of Tea“ (1906) steht sogar geschrieben, schon die Teezeremonie mache „ihre Anhänger zu Aristokraten des guten Geschmacks“. In Großbritannien wurde Tee gegen Mitte des 19. Jahrhunderts vor allem als die kultivierte und „gesunde Alternative zum Alkohol“ gepriesen. Mit Erfolg: Was der Gentleman nicht goutiert, ist im englischen Sprachraum eben „not his cup of tea“, und noch am Vorabend des Zweiten Weltkriegs wurden bis zu 60?Prozent des gesamten Weltexports in London umgeschlagen.

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