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Buddhismus und Homosexualität

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Buddhismus und Homosexualität

Vorwort

Wir sollten mit einem sehr knappen Umriss des Buddhismus beginnen, insbesondere in Bezug
darauf, wie der Buddha uns empfahl unser Verhalten zu regulieren.

Was ist Buddhismus?

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Dies ist keine leicht zu beantwortende Frage, da im Begriff Buddhismus viele Glaubens- und
Praxissysteme enthalten sind, die die unterschiedlichen Traditionen ausmachen. Diese
Traditionen haben sich zu unterschiedlichen Zeiten in verschiedenen Ländern entwickelt,
bisweilen in Abgeschiedenheit voneinander. Eine jede Tradition hat eigene Merkmale entwickelt,
die einem beiläufigen Beobachter als signifikante Differenzen erscheinen könnten. Die
vermeintlichen Unterschiede sind jedoch oft bloß kulturelle Zugaben, und manchmal sind sie nur
Unterschiede in der Angehensweise oder in der Gewichtung. Allen Traditionen liegt ein
gemeinsamer Kern im Gedankengut und Praxis zugrunde .

Die Lehren Buddhas

Einer der grundlegendsten Einsichten, die der Buddha durch seine Erleuchtung erkannte, war
seine Analyse des Leidens oder des Unglücklichseins. Dies ist uns im Form eines Unterrichts
überliefert worden, der traditionsgemäß als die Vier Edlen Wahrheiten beschrieben wird:
– Die Erste dieser Wahrheiten ist, dass das Leben von Leiden gekennzeichnet ist. Das Gros
aller menschlichen Bemühungen ist mit dem Versuch beschäftigt, Leiden zu vermeiden und Glück zu erzielen.
– Die Zweite Wahrheit stellt die Ursachen des Leidens heraus. Ob direkt oder mittelbar, das ganze Leiden, das wir erfahren, wird durch Gier und Unwissenheit verursacht. Wir gieren nach so vielen Sachen, und unsere Unwissenheit lässt uns glauben, dass diese Sachen uns
glücklich machen würden.
– Die Dritte besagt, dass es möglich ist, das Leiden zu überschreiten und die Freiheit und
Gleichmut des Nirwanas zu erreichen. Dieser Zustand wurde vom Buddha erreicht. Ein
Zustand wo alle Eigenschaften, die wir mit der Existenz in Verbindung bringen (Geburt, Tod,
Bewegung in Zeit und Raum und das Gefühl ein unterschiedlicher Selbst zu sein) nicht
mehr zutreffen.
– Die Vierte Edle Wahrheit besagt, dass der Pfad, der zu einem Aufheben des Leidens führt
ein Achtfacher ist. Hierzu sind unser Rede, Verhalten, Lebensunterhalt, Gedanken,
Verständnis, Achtsamkeit, Bemühung und Konzentration zu kultivieren. Diese werden
manchmal in drei Gruppen – Sittlichkeit, Konzentration/Meditation und Weisheit
zusammengefasst.

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Die Buddhistischen Vorsätze

Lassen Sie uns den Bereich Sittlichkeit genauer betrachten, denn es liefert die notwendige
Verhaltensgrundlage, auf der die Kultivierung des Geistes und eine spirituelle Entwicklung erst
stattfinden können. Gewöhnliche Buddhisten (also die, die nicht Mönche oder Nonnen sind),
versuchen in Übereinstimmung mit fünf Vorsätzen zu leben. Es sind Versprechungen oder
Absichten, die wir für uns selbst vornehmen. Ordinierte Buddhisten schwören noch weitere
Vorsätze zu beachten, einschließlich des Zelibats. Die übliche Übersetzung der fünf Vorsätze ist:

Ich beabsichtige, den Vorsatz zu beachten:
– das Töten oder die Schädigung fühlender Wesen zu vermeiden
– zu vermeiden Sachen zu nehmen, die nicht gegeben wurden
– sexuelles Fehlverhalten zu vermeiden
– Falsche Rede zu vermeiden
– zu vermeiden Solches zu mir zu nehmen, das Kopflosigkeit oder Trunkenheit verursacht.

Die Beachtung dieser Vorsätze unterstützt die Kultivierung der
– vorteilhaften Eigenschaften:
– Mitgefühl
– Großzügigkeit und Nicht-anhaften
– Zufriedenheit
– Ehrlichkeit
– Geistige Klarheit und Achtsamkeit.

Diese sind keine Gebote, sondern Übungsrichtlinien, die Buddhisten freiwillig folgen. Sie werden
nicht befolgt weil wir Bestrafung durch eine Gottheit befürchten, sondern zu unserem eigenen
Nutzen und zum Wohle aller Wesen. Buddhisten glauben, dass alles dem Prinzip von Ursache
und Wirkung unterworfen ist, und dass alle unsere willentliche Handlungen karmische
Konsequenzen nach sich ziehen. Wenn wir uns nicht in Übereinstimmung mit den Vorsätzen
benehmen, verursachen wir daher das Leiden Anderer und machen uns zudem selbst unglücklich.

Homosexualität und sexuelles Fehlverhalten

Der Dritte der fünf Vorsätze bezieht sich auf sexuelles Verhalten. In der Theravada Tradition,
z.B., würde der dritte Vorsatz am genauesten lauten: „ich nehme die Richtlinie auf mich, nicht
wegen sexuelles Vergnügen den falschen Weg zu gehen“. Was, in diesem Fall, würde „den
falschen Weg gehen“ bedeuten?“ Und würde das homosexuelle Handlungen einschließen? Um
das festzustellen, betrachten wir jene Kriterien, die uns als Buddhisten angeraten werden, um
ethische Urteile zu fällen. Aus den Darlegungen des Buddha sind drei Grundsätze zu erkennen,
mit denen wir Urteile über unser Verhalten bilden können:

wir sollten die Folgen unserer Taten erwägen, deren Auswirkungen auf uns selbst und auf
Andere
– wir sollten erwägen, wie wir uns fühlen würden, würde sich jemand Anderer uns gegenüer
derart verhalten
– Wir sollten erwägen, ob das Verhalten unser Ziel, Nirwana zu erreichen, dienlich ist.

Diese Kriterien anwendend, kommen buddhistische Kommentatoren in der Regel zu dem
Schluss, dass sexuelles Fehlverhalten, -Vergewaltigung, -sexuelle Belästigung, -sexuelle
Handlungen mit Kindern und -Untreue gegenüber dem Gatten einschließt. Es ist ganz
offensichtlich, dass diese Arten von sexuellem Fehlverhalten in ganz gleicher Weise auf
homosexuellem als auch auf heterosexuellem Verhalten zutreffen können. Der dritte Vorsatz ist
weder ein pauschaler Verbot, noch ist es eine simplistische Darstellung, dass einige
Verhaltensweisen falsch und Andere richtig wären.

Die Buddhistische Ethik ist als utilitaristisch beschrieben worden, das heißt, dass sie sich weniger
darum schert, ob eine Tat „gut“ oder „böse“ ist, sondern mehr darum, ob eine Tat „geschickt“ ist.
Also, ob es einen positiven Ausgang bezüglich der oben genannten Kriterien dienlich ist, und ob
es von guten Absichten motiviert wird (basierend auf Großzügigkeit, Liebe und Verständnis) (2).

Die Äußerungen des Buddhas, so wie sie im Pali Canon festgehalten wurden, beinhalten so weit
ich weiß keinen ausdrücklichen Hinweis auf Homosexualität oder auf homosexuelle Handlungen.
Dies ist derart interpretiert worden, dass der Buddha die sexuelle Orientierung als nicht relevant
in Bezug auf seine Lehre betrachtete, die ja darauf abzielt, wie man Leiden entgeht und
Erleuchtung erzielt. Wenn sie nicht wichtig genug war um Erwähnung zu finden, kann
Homosexualität dann kaum als Barriere gegen moralische und geistige Entwicklung gegolten
haben

Andererseits veranlassen uns die Lehren Buddhas keineswegs zu einem Leben mit
hedonistischem Eifer nach Vergnügungen, ob sexuelle oder Andere. Während der Buddha die
Existenz des Vergnügens in dieser Welt nicht verneinte, unterstrich er, dass alles weltliche
Vergnügen mit Leiden einhergeht, und dass unsere Anhaftungen uns wie Sklaven in einem Sturm
von Enttäuschung und der Sättigung fesseln. Es ist nicht das Ziel des Buddhisten, sinnliches
Vergnügen zu beseitigen, sondern es durch die systematische Praxis der Achtsamkeit als das zu
erkennen, was es wirklich ist.

Eine Eigenschaft des Buddhismus, die insbesondere Homosexuelle und Lesben interessiert, ist
dass die Lehre keinen besonderen Wert auf die Fortpflanzung legt. Heirat und das Großziehen
von Kinder werden als positiv angesehen, sind aber in keiner Weise obligatorisch. Ganz im
Gegenteil, in den meisten Traditionen wird die Ehelosigkeit als Voraussetzung für diejenigen
betrachtet, die eine höhere Stufe der buddhistischen Entwicklung suchen. Mönche und Nonnen
legen strikte Gelübde der Ehelosigkeit ab, und sogar die eifrigeren Laien nehmen sich vor, zu
bestimmten Zeiten enthaltsam zu sein, um ihre geistige und spirituelle Entwicklung
voranzubringen. Das heißt, dass aus der religiösen Perspektive kein Schande das
Unverheiratetsein oder die Kinderlosigkeit begleitet. Selbstverständlich kann es hier aber
sozialen und kulturellen Druck geben, der stärker wiegt.

Schlussfolgerung

Ich ziehe aus meiner Lektüre buddhistischer Texte, sowie aus Antworten Buddhistischer Mönche
auf meine Nachfragen, den Schluss, dass für Buddhistische Laien solche sexuellen Handlungen
den dritten Vorsatz nicht brechen:

– wo es beidseitiges Einverständnis gibt,
– wo niemand Schaden nimmt,
– wo ein Versprechen einem Anderen gegenüber nicht verletzt wird,
– und wo es unser Absicht ist, Zuneigung mit Respekt auszudrücken und einander Freude zu
schenken.

Dies würde ungeachtet des Geschlechtes oder der sexuellen Orientierung der Betroffenen
zutreffen. Die gleichen Prinzipien würden verwendet, um alle Beziehungen und sexuellem
Verhalten zu bewerten, ob heterosexuell oder homosexuell.

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