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Jataka : Die Erzählung von Mahajanaka (Mahajanaka-Jataka) 4/4

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jataka_2-5.gifUm zu offenbaren, wie damals diese Frauen jammerten und wie der König sie trotz ihrer Klagen verließ und fortging, sprach der Meister:

§116. Doch diese siebenhundert Frauen
mit allem Schmucke reich geziert,
streckten die Arme aus und klagten:
„Warum willst du uns jetzt verlassen?“

§117. Und diese siebenhundert Frauen
mit edlem Namen, schlank von Taille,
streckten die Arme aus und klagten:
„Warum willst du uns jetzt verlassen?“

§118. Und diese siebenhundert Frauen,
gehorsame, die Liebes sprachen,
streckten die Arme aus und klagten:
„Warum willst du uns jetzt verlassen?“

§119. Und diese siebenhundert Frauen,
mit edlem Schmucke reich geziert,
gab auf und stieß zurück der König,
nach Weltflucht seinen Sinn gerichtet.

§120. Und diese siebenhundert Frauen
mit edlem Namen, schlank von Taille,
gab auf und stieß zurück der König,
nach Weltflucht seinen Sinn gerichtet.

§121. Und diese siebenhundert Frauen,
gehorsame, die Liebes sprachen,
gab auf und stieß zurück der König,
nach Weltflucht seinen Sinn gerichtet.

§122. Er ließ die hundertfält’ge Schüssel,
die goldne mit den hundert Streifen,
und er ergriff aus Ton die Schale
für den Empfang der zweiten Weihe.
Als die Königin Sivali mit ihren Klagen den König nicht zur Umkehr veranlassen konnte, dachte sie: „Es gibt ein Mittel“, ließ den Oberheerführer rufen und gab ihm folgenden Befehl: „Lieber, in der Richtung, wo der König hingeht, lege Feuer an alle Häuser und alle Hallen; trage Gras und Blätter zusammen und mache allenthalben Rauch!“ Jener tat so. Darauf ging sie zum Könige hin, fiel ihm zu Füßen und sprach, um ihm zu melden, dass Mithila brenne, folgendes Strophenpaar:

§123. „Furchtbar entbrennen Feuerflammen,
die Schatzkammern gehn auf in Feuer
mit ihren Schätzen, Gold und Silber,
Perlen und viele Edelsteine.

§124. Edle Juwelen, Muschelperlen,
auch gelber Sandel für die Kleider,
Gazellenfelle, Elfenbein,
Eisen und Kupfer auch in Menge.
Komm her, o König, kehre um,
dass nicht dein Schatz dir geh‘ zugrunde.“
Darauf erwiderte das große Wesen: „Fürstin, was sagst du? Wer etwas besitzt, dem verbrennt es; ich aber habe kein Eigentum.“ Um dies zu erläutern, sprach er folgende Strophe: §125. „Ganz glücklich leben wir fürwahr,
die wir kein Eigentum besitzen.
Wenn auch Mithila steht in Flammen,
wird doch von mir nichts mitverbrannt.“
Nach diesen Worten aber zog das große Wesen zum Nordtore hinaus und auch seine Gattinnen zogen mit ihm. Abermals erdachte die Königin Sivali eine List und befahl: „Macht es so, als ob ein Dorf verheert und das Reich geplündert würde!“ In demselben Augenblicke zeigte man dem König, wie Leute allenthalben umherliefen und plünderten; anderen bestrich man ihren Körper mit Lacksaft, als ob sie Wunden erhalten hätten, man legte sie auf Bretter und trug sie davon, als wären sie tot, und zeigte auch dies dem Könige. Da schalt die Volksmenge: „O Großkönig, während Euren Lebzeiten noch beraubt man das Land und tötet die Leute.“ Darauf grüßte auch die Fürstin den König ehrfurchtsvoll und, um ihn zur Rückkehr zu veranlassen, sprach sie folgende Strophe:

§126. „Die Waldbewohner sind gekommen
und plündern aus dein Königreich.
Komm, König, kehre doch zurück;
dies Reich soll nicht zugrunde gehen.“
Da dachte der König: „Es ist ja doch nicht möglich, dass zu meinen Lebzeiten noch Räuber sich erheben und das Land ausplündern; dies wird eine Tat der Königin Sivali sein.“ Und um ihr die Widerrede unmöglich zu machen, sprach er:

§127. „Ganz glücklich leben wir fürwahr,
die wir kein Eigentum besitzen.
Wenn auch das Reich geplündert wird,
geht dabei nichts von mir zugrunde.

§128. Ganz glücklich leben wir fürwahr,
die wir kein Eigentum besitzen.
Von Freude wollen wir uns nähren
den Göttern gleich im Brahma-Himmel.“
Trotz dieser Worte aber begleitete noch immer die Volksmenge den König. Da kam ihm folgender Gedanke: „Dieses Volk wünscht nicht umzukehren; ich werde es zur Umkehr veranlassen.“ Als er ein halbes Gavuta weit gegangen war, drehte er sich um und fragte auf der Heerstraße stehend die Minister: „Wem gehört dies Reich?“ „Euch, o Fürst“, antworteten sie. Er fuhr fort: „Wer darum diesen Strich überschreitet, an dem vollziehet die Königsstrafe“, und grub mit seinem Bettlerstab einen Strich quer über den Weg. Diesen von dem so erhabenen König gegrabenen Strich vermochte niemand zu überschreiten. Die Volksmenge stellte sich unmittelbar an den Strich und jammerte laut.

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Auch die Königin getraute sich nicht, den Strich zu überschreiten. Als sie aber den König ihr den Rücken kehren und fortgehen sah, vermochte sie ihren Schmerz nicht zu ertragen; sie schlug sich die Brust, fiel quer über die Straße und wälzte sich darauf fort. Da rief die Volksmenge: „Von denen, die über den Strich Herr waren, ist der Strich zerstört worden“, und sie folgte auf dem von der Königin beschrittenen Wege nach. Das große Wesen ging fort nach dem nördlichen Himalaya; die Königin aber ging mit dem ganzen Heereszuge immer mit ihm. Da der König die Volksmenge nicht zur Umkehr veranlassen konnte, legte er auf diese Weise einen Weg von sechzig Yojanas zurück.

Damals wohnte ein Asket namens Narada im Himalaya in der Goldhöhle; dieser besaß die fünf Erkenntnisse. Als er in Ekstase versunken sieben Tage zugebracht hatte, erhob er sich wieder aus der Ekstase und stieß den begeisterten Ausruf aus: „Ach dies Glück, ach dies Glück!“ Als er dann mit seinem göttlichen Auge betrachtete, ob jemand auf dem Jambu-Erdteil nach diesem Glück suche, bemerkte er, dass Mahajanaka ein künftiger Buddha [35] sei, und er dachte: „Der König kann, während er seine große Weltflucht betätigt, die von der Königin Sivali geführte Volksmenge nicht zur Umkehr veranlassen; sie könnten ihm ein großes Hindernis bereiten. Ich will ihm eine Ermahnung geben, um ihn noch stärker zu befestigen.“ Durch seine Wunderkraft kam er herbei, stellte sich vor den König in die Luft und sprach, um eine Anstrengung bei ihm hervorzurufen:

§129. „Woher kommt dieser laute Schall,
was für ein Spiel gibt ’s wie im Dorf?
Den Büßer hier wollen wir fragen:
Warum ist dieses Volk versammelt?”
Der König antwortete:

§130. „Versammelt ist dies Volk um mich,
der ich fortgehe es verlassend,
der ich die Grenze überschritten,
um die Mönchsreinheit zu erlangen,
und weiter wandle voll von Freuden.
Was fragst du mich, da du dies weißt?“
Um ihn aber noch mehr zu festigen, sprach jener abermals eine Strophe:

§131. „Glaub nicht, dass du schon drüben bist,
so lang du diesen Körper trägst.
Nicht überschreitbar ist dies Tun,
denn viel sind Hindernisse da.“
Darauf sprach das große Wesen:

§132. „Was für ein Hindernis gibt es
für mich, wenn ich mich so verhalte,
wenn nicht im Diesseits noch im Jenseits
ich nach den Lüsten trag Verlangen?“
Um ihm aber diese Hindernisse zu zeigen, sprach jener folgende Strophe:

§133. „Schläfrigkeit, Trägheit, Überhebung,
die Unzufriedenheit, die Essgier,
sie bleiben dir im Körper haften;
denn viele Hindernisse gibt es.“
Darauf sprach das große Wesen, um ihn zu preisen, folgende Strophe:

§134. „Gar Schönes hast du mir fürwahr
geraten, würdiger Brahmane;
drum den Brahmanen frage ich:
Wer bist du denn, Ehrwürdiger?“
Darauf sprach Narada zu ihm:

§135. „Narada, so bin ich genannt,
auch als Kassapa kennt man mich.
Zum Herren bin ich hergekommen;
gut ist Vereinigung mit Weisen.

§136. Drum möge volle Freude auch
und Heiligkeit zuteil dir werden;
was dir noch fehlt, das mache voll
durch Seelenruhe und Geduld.

§137. Was tief hinabgebeugt, gib auf
und auf das Hohe auch verzichte.
Das rechte Tun, Wissen und Tugend
betätigend verlass die Welt.“
Nachdem er so das große Wesen ermahnt, kehrte er durch die Luft an seinen Wohnort zurück. Als er sich entfernt hatte, erhob sich noch ein anderer Asket, Migajina mit Namen, aus seiner Vollendung, schaute in der Welt umher und gewahrte das große Wesen. Deshalb dachte er: „Damit die Volksmenge umkehrt, will ich ihm eine Ermahnung geben“; er ging dorthin, zeigte sich ihm in der Luft und sprach:

§138. „Viel Elefanten, Pferde, Städte
und Länder hast du aufgegeben,
die Welt verlassen, Janaka,
und an der Muschel Freud empfunden.

§139. Taten denn deine Landbewohner,
Freunde, Minister und Verwandten
dir etwas Böses, Janaka?
Warum gefiel dir ’s so zu tun?“
Darauf sprach das große Wesen: §140. „Gewiss nicht, o Migajina,
habe ich jemals irgendeinen
Verwandten durch Unrecht besiegt
noch auch meine Verwandten mich.“
Nachdem es so die Frage von jenem zurückgewiesen, sprach es nun, um ihm zu zeigen, aus welcher Ursache es die Welt verlassen habe:

§141. „Da ich der Welt Ergehen sah,
wie sie verzehrt wird und voll Schmutz, —
getötet und gefesselt werden
sie da, wo herrscht das dumme Volk, —
daraus zog ich mir dann die Lehre
und ward ein Mönch, Migajina.“
Der Asket, der diesen Grund ausführlich hören wollte, sprach folgende Strophe:

§142. „Wer ist denn dein erhabner Lehrer,
von wem stammt dieses reine Wort!
Denn nicht darf man Asketenklugheit
und Weisheit, Völkerfürst, verschmähen,
so sagt man, wenn man will erreichen,
dass man das Leiden überschreitet.“
Darauf erwiderte das große Wesen:

§143. „Gewiss nicht, o Migajina,
habe ich je einen Asketen
oder Brahmanen angehört,
bis ich jetzt hierher bin gelangt.“
Nach diesen Worten aber sprach es, um von Anfang an zu zeigen, aus welcher Veranlassung es die Welt verlassen habe:

§144. „Als ich mit großer Macht einherzog
und hell erstrahlt‘ in meinem Glanz,
als überall man Lieder sang
und alle Instrumente tönten,
als alles ganz erfüllet war
vom Ton der schönen Instrumente,

§145. da sah ich einen Mangobaum,
Migajina, gleich an der Mauer,
der ganz zerschmettert war von Menschen,
von niedrigen, die Früchte wollten.

§146. Drum gab ich auf die Herrlichkeit
und stieg herab, Migajina;
zum Fuß des Mango ging ich hin,
des fruchtbaren, der Frucht beraubten.

§147. Als ich den Fruchtbaum sah vernichtet,
zerstört, beraubt all seiner Blätter,
da blickt‘ ich auf den andern Mango,
den dunkel schimmernden, den schönen.

§148. Gerade so werden auch uns,
uns Herrscher, die viel Gegner haben,
jetzt unsre Feinde töten, wie
der fruchtbare Mango zerstört ward. §149. Des Felles wegen stirbt der Panther,
der Elefant der Zähne wegen,
wegen des Gelds der Reiche; doch wer
tötet den Freund- und Heimatlosen?
Der Fruchtbaum und der unfruchtbare,
sie beiden waren meine Lehrer.“
Als Migajina dies vernommen, ermahnte er den König: „Strebe ohne Unterlass“, und kehrte an seinen Ort zurück. Als er gegangen war, fiel die Fürstin Sivali dem König zu Füßen und sprach:

§150. „Das ganze Volk ist krank vor Trauer:
‘Der König hat die Welt verlassen’,
die Elefantenkämpfer, Reiter,
die Wagenkämpfer, Fußsoldaten.

§151. Gib doch zuerst den Leuten Trost,
stell ihnen eine Schutzwehr auf,
setz deinen Sohn zum König ein;
dann kannst du nachher Weltflucht üben.“
Darauf erwiderte der Bodhisattva:

§152. „Auf gab ich meine Untertanen,
Freunde, Minister und Verwandten.
Es gibt ja Söhne der Videhas;
Dighavu sei der Reichsverweser.
Sie werden die Regierung führen
zu Mithila, du meine Gattin.“
Die Königin antwortete: „O Fürst, Ihr habt jetzt die Welt verlassen; was soll ich tun?“ Darauf entgegnete er: „Ich will es dich lehren; tue nach unsern Worten“, und er sprach:

§153a. „Komm her, ich werde dich belehren,
was für ein Wort mir wohlgefällt:
Wenn du die Herrschaft üben wirst,
wirst du viel üblen Wandel führen
mit Taten, Worten und Gedanken,
wodurch du in die Hölle kommst.

§153b. Von Gaben andrer, von Almosen,
die andre spenden, nähre dich;
dieses nur ist der Weisen Brauch.“
So gab ihr das große Wesen eine Ermahnung. Während sie aber im gegenseitigen Gespräch weiter wandelten, ging die Sonne unter. Die Königin ließ an einer geeigneten Stelle ein befestigtes Lager schlagen. Das große Wesen aber begab sich nach der Wurzel eines Baumes und brachte hier die Nacht zu. Nachdem es am nächsten Tage die Reinigung seines Körpers besorgt, machte es sich wieder auf den Weg. Die Königin sagte: „Das Heer soll hinterdrein kommen“, und ging selbst hinter ihm her. Zur Zeit des Almosen Sammelns gelangten sie an eine Stadt namens Thūna.

In diesem Augenblicke hatte in der Stadt ein Mann, der in einem Metzgerladen ein großes Stück Fleisch gekauft hatte, dies an einem Spieß über Kohlen gebraten und es, um es auszukühlen, auf das Ende eines Brettes gelegt und stand nun da. Während er mit etwas anderem beschäftigt war, nahm es ein Hund weg und lief damit fort. Als jener es merkte, verfolgte er ihn und kam dabei bis vor das Südtor; dann kehrte er ermattet um. Der König und die Königin kamen getrennt dem Hunde entgegen; aus Furcht ließ dieser das Fleisch fallen und entfloh. Als dies das große Wesen sah, dachte es: „Dieser hat es weggeworfen und ist davongelaufen, ohne sich umzusehen; ein anderer aber, der der Besitzer davon wäre, ist nicht bekannt. Eine solche nicht zu tadelnde Almosenspeise, die im Staub gelegen hat, gibt es nicht mehr; wir wollen sie verzehren.“ Er nahm seine irdene Almosenschale hervor, hob das Fleischstück auf, reinigte es, legte es in seine Schale, ging damit an einen Ort, wo Wasser leicht zu haben war, und verzehrte es.

Da dachte die Königin: „Wenn dieser nach dem Königtum Gefallen trüge, würde er etwas so Ekelhaftes, mit Staub Beschmutztes, von einem Hunde Weggeworfenes nicht essen; er gehört jetzt nicht mehr zu uns.“ Und sie sprach: „O Großkönig, du issest etwas so Ekelhaftes?“ Der König versetzte: „O Fürstin, infolge deiner blinden Torheit erkennst du nicht den Vorzug dieser Almosenspeise“; indem er die Stelle, wo es hingefallen war, genau betrachtete, verzehrte er es, als sei es Ambrosia, spülte dann seinen Mund aus und wusch sich Hände und Füße.

In diesem Augenblick sprach die Königin tadelnd:

§154. „Wer selbst zur vierten Essenszeit nicht isst,
der wird als ein Halbtoter Hungers sterben;
doch sollst du den gemeinen, schmutz’gen Bissen
als edler Mann, als Weiser nicht verzehren.
Das ist für dich nicht heilsam und nicht gut,
dass du verzehrst, was ein Hund weggeworfen.“
Das große Wesen antwortete:

§155. „Nicht ist mir dies, Sivali, nicht zu essen,
das von sich warf ein Laie oder Hund;
die Güter alle, die rechtlich erworben,
darf ohne Tadel man genießen, sagt man.“ —
Während sie so miteinander redeten, kamen sie an das Stadttor. Während dort Kinder spielten, schwenkte ein Mädchen in einem kleinen Worfelkorb Sand hin und her. An ihrer einen Hand war ein Armband, an der anderen zwei. Diese stießen aneinander; das andere aber machte keinen Lärm. Als der König die Ursache davon merkte, dachte er: „Sivali geht hinter mir drein; ein Weib aber ist eine Befleckung für einen, der die Welt verlässt. Man könnte mich tadeln: ‘Dieser kann, obwohl er ein Weltflüchtling ist, doch nicht seine Gattin verlassen.’ Wenn dies Mädchen weise ist, wird sie der Königin Sivali verkünden, warum sie umkehren muss. Wenn ich ihre Worte gehört habe, werde ich Sivali fortschicken.“ Und er sprach:

§156. „O Kind, das bei der Mutter ruht,
das stets mit Ketten ist geschmückt,
warum ertönt dein einer Arm,
der andre Arm ertönet nicht?“
Das Mädchen antwortete:

§157. „An dieser meiner Hand, Asket,
sind zwei Armbänder angehängt.
Durch die Verein’gung kommt der Schall;
wenn man zu zweit ist, geht dies so.

§158. An dieser andern Hand, Asket,
ist nur ein Armband angemacht.
Weil es allein ist, tönt es nicht,
wie ein Einsiedler steht es da. jataka_03-3.gif §159. Zum Streite gibt der Zweite Anlass;
mit wem wird auch ein einz’ger streiten?
Wenn du drum nach dem Himmel strebst,
gefalle dir die Einsamkeit.“
Als jener die Worte dieses kleinen Mädchens vernommen, nahm er sie zu Hilfe und sprach, indem er sich an die Königin wandte:

§160. „Hast du gehört, o Sivali,
die Verse, die das Mädchen sprach?
Die Sklavin hat mich tadeln wollen:
‘Wenn man zu zweit ist, geht dies so.’

§161. Dieser getrennte Weg, du Liebe,
wird von den Wanderern betreten;
wähl du den einen dir davon,
ich werde dann den andern gehen.
Nenne mich nicht mehr deinen Gatten
und ich will nicht mehr Frau dich heißen.“
Als sie seine Worte vernommen, erwiderte sie: „O Fürst, wählt Ihr den besten, rechten Weg; ich nehme den linken.“ Nachdem sie ihm ihre Verehrung bezeugt, ging sie ein wenig weiter; da sie aber ihren Schmerz nicht zu ertragen vermochte, kehrte sie wieder um und ging zusammen mit dem König in die Stadt hinein.

Um diesen Sachverhalt zu verkünden, sprach der Meister folgende Halbstrophe:

§162. „Während sie miteinander sprachen,
kamen sie zur Stadt Thūna hin.“
Als aber das große Wesen hineingekommen war, gelangte es, während es seinen Almosengang machte, zum Haustore eines Bogenmachers; Sivali aber blieb ihm zur Seite stehen. Zu dieser Zeit hatte der Bogenmacher in einer Kohlenpfanne einen Bogen erhitzt, ihn dann mit saurem Reisschleim benetzt und machte ihn nun gerade, indem er ein Auge zudrückte und mit dem andern schaute. Als dies das große Wesen sah, dachte es: „Wenn dieser weise ist, wird er mir den Grund davon sagen; ich will ihn fragen“, und es ging zu ihm hin.

Um diesen Sachverhalt zu verkünden, sprach der Meister:

§163. Am Laden eines Bogenmachers,
nachdem die Zeit zum Mahl gekommen,
drückte damals der Bogenmacher das eine Auge zu
und blickte zum krummen Bogen mit dem andern.
Da sprach zu ihm das große Wesen:

§164. „Siehst du denn gut auf diese Weise,
o Bogenmacher, höre mich,
dass du das eine Auge zudrückst
und nur mit einem schaust zum Bogen?“
Darauf sprach der andere, um es ihm zu erklären:

§165. „Mit beiden Augen, o Asket,
erscheint es, als wär‘ es zu weit;
man findet nicht den zweiten Strich
und so kommt es nicht richtig vor.

§166. Wenn man das eine Auge schließt
und nur mit einem sieht die Krümme,
dann sieht man auch den zweiten Strich
und es erscheint in Richtigkeit.

§167. Zum Streite nur der zweite dient;
mit wem kann denn ein einz’ger streiten?
Wenn du drum nach dem Himmel strebst,
gefalle dir die Einsamkeit.“
Nachdem er ihm so diese Ermahnung gegeben, schwieg er still.

Als darauf das große Wesen seinen Almosengang beendet und das Speisengemisch gesammelt hatte, ging es wieder zur Stadt hinaus und setzte sich an einer Stelle nieder, wo das Wasser bequem zu erreichen war. Nachdem es seine Mahlzeit beendet, hängte es seine Almosenschale wieder an seine Tragstange, wendete sich an Sivali und sprach:

§168. „Du hörtest, Sivali, die Verse,
die uns der Bogenmacher sagte,
und eine Sklavin musst‘ mich tadeln;
wenn man zu zweit ist, geht es so.

§169. Dieser geteilte Weg, du Liebe,
wird von den Wanderern begangen;
von diesen wähle du den einen,
ich aber will den andern nehmen.
Nicht mehr sollst du mich Gatte nennen
und ich will nicht mehr Frau dich heißen.“
Obwohl ihr aber von ihm gesagt wurde: „Nicht mehr sollst du mich Gatte nennen“, folgte sie immer noch dem großen Wesen; doch konnte sie den König nicht zur Umkehr bewegen und eine große Menge folgte ihr nach. Von da aber war der Wald nicht weit. Als das große Wesen den Rand des dunklen Waldes sah, bekam es Lust, sie zur Umkehr zu veranlassen. Wahrend es so dahinging, sah es in der Nähe der Straße Munja-Gras. Davon riss es einen Halm ab und sagte: „Sieh, Sivali, dieses kann man nicht wieder mit dem andern verbinden; ebenso kann man auch mein Zusammensein mit dir nicht mehr wiederherstellen.“ Und es sprach folgende Halbstrophe:

§170. „Wie dieser Halm vom Gras gerissen,
lebe allein, o Sivali!“
Als sie dies hörte, dachte sie: „Von jetzt an gibt es kein Zusammensein mehr für mich mit dem Völkerfürsten Mahajanaka!“ Da sie ihren Schmerz nicht mehr ertragen konnte, schlug sie ihre Brust mit beiden Händen, wurde bewusstlos und fiel auf die Heerstraße nieder. Als das große Wesen merkte, dass sie bewusstlos geworden war, ging es in den Wald hinein, wobei es seine Fußspuren verwischte. Die Minister kamen herbei, besprengten den Körper der Königin mit Wasser, rieben ihre Hände und Füße und bewirkten, dass sie wieder das Bewusstsein erhielt. Darauf fragte sie: „Ihr Lieben, wo ist der König?“ „Wisst Ihr es nicht?“, fragten die andern. „Suchet ihn, Freunde!“, befahl sie. Obwohl sie aber hierhin und dorthin liefen, sahen sie ihn nicht.

Darauf hielt sie eine laute Klage; dann ließ sie an der Stelle, wo der König gestanden hatte, eine Pagode errichten, bezeigte ihr mit wohlriechenden Substanzen, Girlanden u. dgl. ihre Verehrung und kehrte hierauf wieder um. Das große Wesen aber zog nach dem Himalaya, erlangte die Erkenntnisse und die Vollkommenheiten und kehrte nicht wieder in das Bereich der Menschen zurück. Die Königin aber ließ an dem Orte, wo der König mit dem Bogenmacher gesprochen hatte, wo er mit dem Mädchen gesprochen hatte, wo er das Fleisch verzehrt hatte, wo er mit Migajina gesprochen hatte und wo er mit Narada gesprochen hatte, an all diesen Orten Monumente errichten und verehrte sie mit wohlriechenden Substanzen, Girlanden u. dgl. Dann kehrte sie von ihrem Heere umgeben nach Mithila zurück, erteilte im Mangowalde ihrem Sohne die Weihe und schickte ihn vom Heere umgeben in die Stadt. Sie selbst betätigte der Weisen Weltflucht, indem sie dortselbst im Parke wohnen blieb. Indem sie die Mittel zur Erlangung der Askese anwandte, wurde sie der Fähigkeit der Ekstase teilhaftig und gelangte darauf in die Brahmawelt.

§C. Nachdem der Meister diese Unterweisung beschlossen hatte, fügte er hinzu: „Nicht nur jetzt, ihr Mönche, sondern auch früher schon betätigte der Vollendete die große Weltentsagung“, und verband hierauf das Jataka mit folgenden Worten: „Damals war die Meeresgottheit Uppalavannu, Narada war Sāriputta, Migajina war Mogallana, das Mädchen war die Nonne Khema, der Bogenmacher war Ananda, Sivali war die Mutter Rahulas, der Prinz Dighavu war Rahula, die Eltern waren Angehörige der Großkönigsfamilie, der Völkerfürst Mahajanaka aber war ich.“

Ende der Erzählung von Mahajanaka

Quelle : www.palikanon.com

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